Erster Teil HIER
"Bleib doch daheim", sagte der Vater mehrmals, "musst doch nicht jeden Tag in die Kirche gehen", und die Mutter sagte: "Wirst dich schon noch erkälten, dann vergeht's dir, das Kirchengehen so früh."
Ich habe mich, glaube ich, nie erkältet, und das frühe Kirchengehen verging mir nicht. Es war mir wichtig und teuer. Wie hätte ich mich auf Weihnachten freuen können, wenn ich nicht zuvor den Advent durchgehalten hätte? Zuerst das Warten in Kälte und Dunkel, und erst dann Wärme und Licht. Eins nicht ohne das andre.
Warten war unerlässlich. Das Reis aus Davids Stamm wird nicht von selber blühen. Unsre Erwartung muss es herbeiziehen mit aller Kraft und Sehnsucht.
Wie habe ich, ein nachdenkliches Kind, eigentlich Advent verstehen können als Zeit der Erwartung auf den Messias Jesus, da ich doch wusste, er war schon gekommen vor zweitausend Jahren? Natürlich wusste ich, dass "am Ende der Zeiten" dieser Messias wiederkommen würde, aber das lag weit weg, das meinte ich nicht mit Advent-Erwartung. Ich meinte viel näher Liegendes. Mein frühes Aufstehen und Frieren bedeutete für mich die Vorbereitung auf das Kommen des Messias zu mir.
Als ich einige Jahre später bei einem der deutschen Mystiker las, Christus sei nicht geboren, wenn er nicht in unseren Herzen wieder und wieder geboren werde, verstand ich das sofort.
Das war's, was mir der Advent bedeutete.
gefunden in: Christ in der Gegenwart 51, 48/1999