Samstag, 16. Juni 2012

Vernunft und Tradition

Noch einmal zurück zum Mannheimer Katholikentag:
Aus der Summe der Signale dieses Forums ließ sich vor allem ein Tenor grundtiefer Skepsis vieler Reformkatholiken gegen die Tradition herausfiltern, die der alte Papst gleichmütig und unerschrocken wie Don Quijote gegen ihre zahllosen Widersacher verteidigt, als letzter Ritter der Moderne.
So die Beobachtung von Paul Badde auf kath.netUnd er erweitert seinen Befund zu einer interessanten grundsätzlichen Reflexion:
Die Kritik der Überlieferung ... ist seit vielen Jahren der Cantus Firmus aller deutschen Reflexe gegen Rom. Das ist keine originelle Beobachtung. Zu diesem Pfingstfest aber sollte sie vielleicht Anlass sein, das schöne deutsche Wort "Vernunft" ein wenig neu zu beleuchten, das ja einer der Schlüsselbegriffe des deutschen Bischofs von Rom ist.
 Zu diesem Zweck greift der Autor auf die Etymologie zurück:
Vernunft ist ursprünglich und zuerst das Vernommene. Der Kernbegriff der Aufklärung transportiert demnach in sich schon das Überlieferte, die Tradition, das Gehörte, das Erlernte, das Erlauschte. Es ist das Hinhören und Durchdringen der Fülle des vorab schon Erfahrenen und Erkannten und durch die Jahrhunderte Überprüften  -  und eben nicht das nur Erdachte und neu Gefundene und Ausgeklügelte.
Ein höchst spannendes Unterfangen, zumal im Hinblick auf die katholische Glaubenslehre, in der die Tradition doch eigentlich eine zentrale und fundamentale Stelle einnehmen sollte.  Papst Benedikts programmatischer These von  der Einheit von Glauben und Vernunft stellt Paul Badde also die ursprüngliche Synthese von Vernunft und Tradition an die Seite, und er verfolgt den Wandel des Vernunft-Begriffs bis hin zur Krise in der Aufklärung und deren Höhepunkt, der perversen Apotheose der Hure Raison in der Französischen Revolution.

Und damit möchte ich auf jedes weitere Referieren und Zitieren verzichten und dafür die Lektüre dieses exzellenten kleinen Essays nachdrücklich empfehlen (Link).

À propos: Paul Baddes Vergleich von Papst Benedikt mit dem tragikomischen "Ritter von der Traurigen Gestalt" sollten wir vielleicht nicht ganz so wörtlich nehmen. Es ist ja gerade die Botschaft dieses Papstes, die uns die Hoffnung schenkt, dass der Tradition und der Vernunft die Zukunft gehört.





 

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