Ich sagte, dass Jesus und seine Jünger und die ersten Christen die Notwendigkeit erkannten, dass es zur vollständigen Erfassung der Botschaft Jesu nicht genügte, seine Lehren getreu zu tradieren ..., sondern dass es zum Wirksamwerden dieser Lehren der Erfahrung und des Einflusses des leiblich anwesenden Jesus bedurfte. Wenn die Liturgie aber diese zum Christsein notwendige Erscheinung des körperlichen Christus sein soll, dann muss es möglich sein, sie als etwas nicht von Menschen Gemachtes zu erfahren, als etwas Vorgegebenes, Offenbartes. Tatsächlich sind ja die Messreformierer und die modernen Exegeten, die die Offenbarung der historisch-kritischen Methode unterziehen, aus demselben Holz geschnitzt. Seltsam nur, dass bei soviel archäologisch-philologischem Sachverstand dann ein Jesus herauskommt, der Ehrenmitglied der SPD hätte sein können, ebenso frauenfreundlich wie Willy Brandt und ebensowenig auferstanden.
Martin Mosebach, Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind.
München (Carl Hanser Verlag) 2007, S. 67
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