Samstag, 5. Mai 2012

Maulbronner Impressionen





Und nun spielt der Organist,  ...   es lauschen
im Gewölb die Seelen hingegangener
frommer Meister, mit vom Bau umfangener,
den sie gründen halfen und errichten.
Denn derselbe Geist, der in den Fugen
und Toccaten atmet, hat einst die besessen,
die des Münsters Maße ausgemessen,
Heiligenfiguren aus den Steinen schlugen.

Hermann Hesse





Die alte Zisterzienser-Abtei Maulbronn war vor einigen Tagen das Ziel einer Studienfahrt unseres Lehrerkollegiums.
Seinen Weltruhm (UNESCO-Weltkulturerbe) verdankt das württembergische Kloster der einmaligen, da weitgehend vollständigen und unversehrten Erhaltung seines spätmittelalterlichen Bauzustandes.  
Schon  vier Jahrhunderte nach ihrer Gründung (1147) wurde die Abtei, im Zuge der Reformation, durch den Herzog von Württemberg säkularisiert und in eine evangelische Klosterschule (später Predigerseminar) umgewandelt, die Geistesgrößen wie Johannes Kepler, Friedrich Hölderlin, Justinus Kerner, Hermann Hesse und andere hervorbrachte.  Der Letztgenannte hat seine Maulbronner Zeit in der Erzählung "Unterm Rad" verarbeitet.

Aber auch einen gewissen Doktor Faustus hat das Kloster einst beherbergt. Aus dem nahen Knittlingen stammend,  war dieser um das Jahr 1500 von einem der letzten Äbte ins Kloster geholt worden, um mit seinen alchimistischen Künsten Gold herzustellen!   Kein Wunder, dass das Ende der Abtei nicht mehr lange auf sich warten ließ ...



Das abgebildete Fresko aus der Brunnenkapelle erinnert an die Gründungslegende von Maulbronn: Auf der Suche nach einem geeigneten Platz für ihr Kloster sollen die Mönche beschlossen haben, es ihrem Maultier zu überlassen, diesen zu finden. Das Tier machte an einer Quelle halt, um seinen Durst zu stillen. Und so kam das neue Kloster auch gleich zu seinem Namen.

 

Nach der zweistündigen, gehaltvollen Führung durch den Klausurbereich ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, uns im Restaurant "Zur Klosterschmiede" an der lokalen Spezialität zu delektieren,  den weltberühmten "Maultaschen", einer, der Überlieferung nach, von den Maulbronner Mönchen erfundenen Fastenspeise, im Schwäbischen herzhaft-liebevoll "Herrgottsbscheißerle"  genannt.  Dazu gibt es den Maulbronner "Elffinger-Wein".




Die Schwarzweißfotos sind einer alten, wunderschön gestalteten Broschüre von L. Windstosser und R. Klein entnommen (Hrsg. Bürgermeisteramt Maulbronn, o.J.). 
Sie zeigen, von oben nach unten: den Herrenchor, das Mittelschiff mit Laienchor und Chorschranke und den Kreuzgang mit der berühmten Brunnenkapelle.






2 Kommentare:

  1. Man weiß nicht recht, ob man fast froh sein soll, daß die Reformation über Maulbronn gekommen ist. So haben die Bauten die Zeiten überstanden. So manches andere Kloster, in dem Mönche fortwirkten, wurde in der Säkularistation auch baulich teil oder ganz plattgemacht, etwa die Zisterzienserabtei Tennenbach hier in der Gegend.

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    1. Da hast Du ganz recht, man muss tatsächlich froh sein!
      Ein Hoch auf Herzog Ulrich, den alten Protestanten! Nein, ernsthaft, ich hatte genau den gleichen Gedanken schon im Fall der Bibliotheca Palatina, die Maximilian von Bayern 1623 an den Papst verscherbelte, bevor 70 Jahre später die Franzosen Heidelberg abfackelten!

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