Mittwoch, 22. Februar 2012

Tú me mueves, mi Dios

Im Zeichen der metánoia stehen die kommenden sechseinhalb Wochen des Kirchenjahres: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk 1,15) - Umdenken oder innere Umkehr also ist die wörtliche Bedeutung jenes griechischen Wortes, das von jeher mit Buße verdeutscht wird, und jede Assoziation mit so etwas wie (Selbst-) Bestrafung wäre nichts als grobes Missverstehen. Denn die Seele der Buße ist die Reue.

Drei Arten von Reue  über die Sünden kennt die katholische Glaubenslehre:  die eitle Reue aus Scham und Furcht vor der Meinung der Menschen, die unvollkommene Reue aus Furcht vor der göttlichen Gerechtigkeit und die vollkommene Reue aus Liebe zu Gott.
Ein impliziter Bezug zu dieser Lehre findet sich, so scheint mir, in dem wunderbaren Gebet in Sonett-Form, das ich einmal an ganz unvermuteter Stelle entdeckt habe, nämlich in einem kleinen Handbuch der Romanistik *,  und dessen unbekannter Verfasser dem Umkreis der Spanischen Mystik des Siglo de Oro, des Goldenen Jahrhunderts, angehört.

Es bewegt mich nicht, mein Gott, um dich zu lieben,
der Himmel, den du mir versprochen hast,
noch bewegt mich die so sehr gefürchtete Hölle,
um deshalb davon abzulassen, dich zu beleidigen.

Du bewegst mich, Herr !  Es bewegt mich, dich zu sehen,
angenagelt an dieses Kreuz und verhöhnt,
es bewegt mich der Anblick deines verwundeten Leibes,
es bewegen mich deine Schmach und dein Tod.

Du bewegst mich, dich zu lieben, in solchem Maße,
dass, wenn es auch keinen Himmel gäbe, ich dich lieben würde,
und wenn es auch keine Hölle gäbe, ich dich fürchten würde.

Du brauchst mir nichts zu geben, damit ich dich liebe,
denn, auch wenn ich das, was ich erhoffe, nicht erhoffen würde,
so würde ich dich doch ebenso lieben, wie ich dich jetzt liebe.
                                                                                                                       Übers.: H. Lausberg



Hl. Ignatius von Loyola

Sehr schön drückt sich in diesem Gebet ein Motiv der Ignatianischen Spiritualität aus: "... dass für Ignatius wie für die ganze spanische Mystik der Weg zu Gott nur über eine Beziehung zum Menschen Jesus gelingen kann." *



Hl. Teresa von Ávila


Von Teresa von Ávila erzählt Walter Nigg in seinem Essay *:
Als Teresa einst in ihr Privatoratorium eintrat, fiel ihr Blick auf ein dort aufgestelltes Bild, welches Christus an der Säule darstellte. ...  Den Schmerzen des Herrn war solch brennender Ausdruck gegeben, dass man von seinem zerschlagenen Anblick unwillkürlich bewegt wurde. Obschon Teresa schon viele Bilder über Christi Leidensstationen gesehen hatte, machte ihr dieser Christus an der Martersäule plötzlich einen ganz neuen Eindruck. Sie hatte die grauenhafte Wirklichkeit jener Geißelung zum erstenmal in ihre Seele aufgenommen und wurde bei dieser Betrachtung "darüber ganz bestürzt, den Heiland so zugerichtet zu erblicken."  ...  Dieses Oratoriumserlebnis angesichts der Christus-Darstellung war die entscheidende Wendung im Leben Teresas.

Gnadenbild "Gegeißelter Heiland",  Wieskirche





*Text- und Bildquellen:
   Heinrich Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I,  Berlin 1969
   Stefan Kiechle,  Ignatius von Loyola,  Freiburg 2001
   Walter Nigg,  Teresa von Ávila  -  Eine leidenschaftliche Seele,   Zürich 1996
   (Gnadenbild:) Kienberger, Lechbruck

 


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