Samstag, 21. Januar 2012

Klerus und Schach (3)

Schach ist weniger ein Spiel als eine geistige Kampfsportart. Wer es jemals wettkampfmäßig gespielt hat, der weiß, was ich meine. Der Sport- und Kampfcharakter des Schachspiels beruht sowohl auf seiner hohen Komplexität wie auch auf dem völligen Fehlen des Zufallsfaktors. Dadurch erhebt es sich einerseits weit über andere Brett- und Strategiespiele, andererseits rückt es, ohne seine rein geistige Sphäre zu verlassen, in die Nähe von physischen Wettkampf-Sportarten wie Fußball, Volleyball, Tennis, Fechten. 
Von seinem Ursprung und Wesen her ist Schach Abbild und Gleichnis der großen und kleinen Kämpfe unseres wirklichen Lebens. So verwundert es nicht, dass zahlreiche metaphorische Redewendungen aus der Welt des Schachs unsere Alltagssprache bevölkern. Eines der ältesten und gebräuchlichsten Beispiele ist wohl das Wörtchen matt  - im Sinne von kraftlos, schwach -   das auf das arabische schah mat, d.h. der König ist tot, zurückgeht.  Jemand ist nur eine Schachfigur, er wird also benutzt und beliebig hin- und hergeschoben.  Jemand wird in Schach gehalten, soll heißen streng kontrolliert und seiner Eigeninitiative beraubt. Vor allem Politiker verzichten ungern auf kluge Schachzüge und Bauernopfer,  wobei Parteifreunde skrupellos zugunsten strategischer oder taktischer Vorteile fallengelassen werden. Und eine Patt-Situation lässt es endgültig nicht mehr zu, dass einer der Gegner die Partie für sich entscheidet.

Der geniale Zeichner A. Paul Weber (1893-1980) hat sich mit dem Schachspiel als Allegorie des Kampfes und der Auseinandersetzung ausgiebig beschäftigt und dieses Motiv vielfältig, originell, zuweilen witzig und humorvoll variiert.  Auch er lässt, wie der Karikaturist im Kladderadatsch, den Reichskanzler Bismarck im Kulturkampf (1871-1887) gegen die Katholische Kirche antreten, doch scheint hier die Sympathie des Zeichners einseitig dem gemütlichen, braven Eisernen Kanzler zu gehören, während sein ultramontaner Gegner, natürlich ein Jesuit, an ähnliche, mit antiklerikaler Tendenz, aber ziemlich klischeehaft überzeichnete Figuren bei Wilhelm Busch und Honoré Daumier erinnert.  Man beachte das Papstwappen auf der Reisetasche links unten.

Kulturkampf (1976)


In einer Variante des Themas wird gar ein biederer, liberaler deutscher Durchschnittsbürger zum Opfer des finsteren, intriganten, obskurantischen, geradezu schlangenhaften Vertreters der "Schwarzen Internationale" (Egon Friedell), der drohende Schatten wirft und folgerichtig auch nur die schwarzen Steine führen kann.

Jesuit und Bürger (1937)

Wie gesagt, der Zeichner bediente sich hier eines gängigen, aus Vorurteilen und Verschwörungstheorien gespeisten Klischeebildes vom Katholizismus. Aber immerhin, was waren das noch für Zeiten, als der Jesuit nicht nur eindeutig äußerlich als solcher zu erkennen, sondern auch noch die Symbolfigur schlechthin für den Ultramontanismus, also Treue zum Papst, war!  Und welche tiefsitzenden Ängste in der deutschen Bürgerseele ließen aus ihm diese gänzlich unsympathische Karikatur werden!



2 Kommentare:

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