Dienstag, 24. Januar 2012

Preußens Gloria


Katholiken, Lutheraner, Reformierte, Juden und zahlreiche andere christliche Sekten wohnen in Preußen und leben friedlich beieinander. Wenn der Herrscher aus falschem Eifer auf den Einfall käme, eine dieser Religionen zu bevorzugen, so würden sich sofort Parteien bilden und heftige Dispute ausbrechen. Verfolgungen würden beginnen, und schließlich würden die Anhänger der verfolgten Religionen ihr Vaterland verlassen, Tausende von Untertanen würden unsere Nachbarn mit ihrem Gewerbefleiß bereichern und deren Volkszahl vermehren.
Aus dem Politischen Testament (1752)

Geht man auf den Ursprung der bürgerlichen Gesellschaft zurück, so ist es ganz augenscheinlich, dass der Herrscher keinerlei Recht über die Denkungsart der Bürger hat. Müsste man nicht von Sinnen sein, um sich vorzustellen, Menschen hätten zu ihresgleichen gesagt: Wir erheben dich über uns, weil wir gern Sklaven sein wollen, und wir geben dir die Macht, unsere Gedanken nach deinem Willen zu lenken? Sie haben im Gegenteil gesagt: Wir bedürfen deiner, damit die Gesetze, denen wir gehorchen wollen, aufrechterhalten werden, damit wir weise regiert und verteidigt werden; im übrigen verlangen wir von dir, dass du unsere Freiheit achtest. Damit ist das Urteil gesprochen; es gibt keine Berufung dagegen.  Die Toleranz ist für die Gemeinschaft, in der sie eingeführt ist, sogar so vorteilhaft, dass sie das Glück des Staates begründet. Sobald jeder Glaube frei ist, hat alle Welt Ruhe; während Glaubensverfolgung die blutigsten und langwierigsten Bürgerkriege verursacht hat.
 Regierungsformen und Herrscherpflichten (1777)




Auch wenn Le Penseur und Laurentius mir längst zuvorgekommen sind  -  auch ich möchte Seiner Majestät schuldige Reverenz erweisen. Also: 

König Friedrich II., "der Große", von Preußen (1740-1786), eine schillernde Persönlichkeit, feiert heute seinen dreihundertsten Geburtstag.  
Glückwunsch, Majestät!

Preußen hat er  - keine Frage -  groß gemacht, seinen Traum von unsterblichem Nachruhm, dem er auf den Schlachtfeldern viele tausend Menschenleben opferte, hat er sich weitgehend erfüllt. Ein wichtiger und eminent zukunftsträchtiger Aspekt seiner Staatspolitik war die religiös-weltanschauliche Toleranz und Neutralität des Staates, deren entschiedener Verfechter er war; zugleich dürfte dies auch derjenige Aspekt seines historischen Wirkens sein, dessen Aktualität in unserer heutigen Welt eher zu- als abnimmt.   
Die Wurzeln dieser vielgerühmten Toleranz im friderizianischen Preußen zeigen, glaube ich, die obigen Zitate aus Friedrichs literarischem Oeuvre recht gut auf: Einmal war es die aus der französischen Aufklärung (v.a. Rousseau) kommende Idee vom Herrschafts- und Gesellschaftsvertrag, in der bereits Vorstellungen von Glaubens- und Gedankenfreiheit als Grundrechten angelegt sind;  zum andern die nackte Überlebensfrage, die Staatsraison: Preußen, eigentlich immer ein armes Land, konnte, zumal wenn es im Konzert der Mächte mitspielen wollte, sich keine bevölkerungs- und wirtschaftspolitischen Fehlgriffe leisten.  Hinzu kam als drittes bei Friedrich sicher noch ein rein persönlicher Faktor: seine völlige Indifferenz in Glaubensdingen.
Kurz und gut: Weder Glorifizierung noch Verdammung bringen uns der historischen Wahrheit auch nur einen Schritt näher.
Weiter möchte ich hier, auch aus Zeitgründen, dieses spannende Thema nicht vertiefen (mein Blog-Titel bedeutet ja auch "kurze Anmerkungen"), stattdessen  die ernste Historie ein wenig von der anekdotisch-humoristischen Seite nehmen und noch eine von A. Paul Webers Schach-Karikaturen präsentieren (Le Penseur möge mir verzeihen!):


                                                    Maria Theresia und der Alte Fritz (1975)


Der Alte Fritz als vollendeter Kavalier nach siegreich beendeter Partie.
Hinweis für Nicht-Historiker: Es sind keine Pralinen, die er ihr anbietet!


Zum Schluss sei noch angemerkt, dass alle hier von mir eingestellten Werke von A. Paul Weber folgendem Band entnommen sind: A. Paul Weber: Schachspieler, hrsg. v. Günther Nicolin,  Hamburg 1988.



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